Nachdem im April 2013 bereits eine Gruppe der JEF Bayern in Griechenland zu Gast war, folgte nun Anfang Oktober 2015 der Gegenbesuch unserer Partnerorganisation, der JEF Greece, in Bayern. Sieben junge Erwachsene waren für sechs Tage zu Gast in München.
Am Dienstag den 6. Oktober 2015 ging es los mit der Abholung am Flughafen im Erdinger Moos. Nach einem kurzen Kennenlernen beim Mittagessen im traditionellen Hofbräuhaus wurde bei einer Stadtführung das Herz Münchens erkundet. An diesem ersten Tag versuchten die Organisatoren von der JEF Bayern ihren Gästen einen ersten Eindruck der bayerischen Kultur in der Landeshauptstadt zu vermitteln. Am Abend gab es noch ein Wiedersehen mit einigen deutschen Teilnehmern der 2013er Fahrt bei einem weiß-blauen Freundschaftsabend in einem griechischen Restaurant.
Eines der Highlights der Begegnung folgte bereits am Mittwochmorgen mit dem Besuch im Bayerischen Landtag. Nach einer Führung durch das Maximillianeum inklusive Plenarsaal folgte ein Gespräch mit zwei Abgeordneten. Der griechische Besuch debattierte mit Claudia Stamm (Bündnis 90/Die Grünen) und Prof. Michael Piazolo (Freie Wähler), einem langjährigen Aktiven der Europa-Union. Bei dem Gespräch ging es vor allem um Europas Zukunft, die Sorgen junger Erwachsener und wie die beiden Politiker diese wahrnehmen.
Am Nachmittag begab sich die Gruppe zum Empfang in das Griechische Kulturzentrum München. Dort erhielten wir zunächst eine Führung in der griechisch-orthodoxen Kirche und diskutierten anschließend bei Kaffee und Kuchen mit dem Erzpriester Apostolos Malamoussis und seinem Schüler. Diese konnten dem Besuch einen Eindruck vom zelebrierten Glauben der griechischen Einwanderer vermitteln. Dabei wiesen sie durchaus auf einige Unterschiede hin.
Am dritten Tag fand der erste Ausflug statt: in die Fuggerstadt Augsburg, nicht einmal eine Fahrtstunde außerhalb von München. In Augsburg wurde morgens zunächst die alte, wieder eröffnete Synagoge besichtigt. Es folgte der Aufstieg über 258 Stufen hinauf auf den 70 Meter hohen Perlachturm, einem der Wahrzeichen der Stadt. Anschließend nahmen wir an einer Stadtführung teil und erfuhren viel Wissenswertes über die prägende Familie Augsburgs, die Fugger, und ihre älteste, noch immer bestehende Sozialsiedlung der Welt. Abends erwartete die Teilnehmer ein Empfang im Rathaus durch eine Stadträtin. In diesem Rahmen konnten die Griechen auch das komplett restaurierte Prachtstück der Stadt, den Goldenen Saal, bestaunen. Zum Abschluss des Tages hatte die JEF Augsburg in eine kleine Brauerei mit zünftig bayerischem Essen geladen.
Freitag stand die zweite Exkursion auf der Tagesordnung: die Fahrt in die fränkische Metropole Nürnberg. In Nürnberg nahm die Gruppe an einer Führung über das Reichsparteigelände und durch das Dokumentationszentrum teil. Der griechische Besuch interessierte sich sehr für die dunkle Vergangenheit Deutschlands und unseren Umgang heute damit. Die Jungen Europäischen Föderalisten danken dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das diese Begegnung aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes gefördert hat.
Wie viel die deutschen Teilnehmer darüber wissen und bekundeten, dass sie es schade fänden, dass in Griechenland immer noch zu wenig über die Jahre des Zweiten Weltkriegs und die Diktatur gesprochen werde.
Am Nachmittag ging es weiter durch die Altstadt zu einem Gespräch mit ehemaligen Gastarbeitern aus Griechenland in ein Kulturzentrum. Die Gastarbeiter waren zu verschiedenen Zeitpunkten nach Deutschland eingewandert. Eine Dame kam ohne Sprachkenntnisse oder umfassende Schulbildung in den 1960er Jahren nach Nürnberg. Sie berichtete von dem harten Weg und der Verzweiflung damals auf ihrer griechischen Insel, die geplagt war von Armut und Arbeitslosigkeit. Auch ihr Sohn konnte uns von seinen Eindrücken als erste Generation in Bayern berichten. Zwar ähnlich und doch ganz anders war der Fall einer jungen Migrantin. Sie kam erst in 2011, auf dem Höhepunkt der aktuellen Wirtschaftskrise, nach Nürnberg. Doch für sie war vieles einfacher. Als top ausgebildete Architektin und mit guten Deutsch-Kenntnissen hatte sie einen leichteren Einstieg. Dennoch sorgte sie sich wie die Jungen Europäer aus Griechenland um die Zukunft ihres Heimatlandes, denn sie befürchtet einen sog. brain-drain, also einen Wegzug der besser Qualifizierten.
Der fünfte Tag, Samstag, startete mit einem Workshop zweier JEF-Bundesvorstandsmitglieder mit den Teilnehmern des Austauschs. Dabei wurden nicht nur Eindrücke ausgetauscht, sondern euch gemeinsame Ziele für die Zukunft ausgearbeitet. Es wird auch für die nächsten Jahre geplant, den Austausch fort zu führen und ein gemeinsames Partnerschafts-Dokument aufzusetzen. Am Nachmittag fand dann ein letzter Ausflug zum „Heiligen Berg“ von Kloster Andechs nahe München statt. Dort konnten die Besucher ein letztes Mal urig-bayerische Brauhaus-Kultur bestaunen. Abends gab es eine Farewell-Party der JEF München mit zahlreichen Kreisverbands-Mitgliedern. Dies war ein krönender Abschluss bevor der Besuch aus Griechenland am Sonntagmorgen bereits wieder den Heimflug antrat.
Während der ganzen Woche wurde Englisch als Sprache zur Verständigung eingesetzt. Bei den Diskussionen wurde nicht nur deutlich, dass die jungen Griechen sich um ihre eigene Zukunft, aber auch diejenige Europas sorgen. Sie haben es mit andauernder Wirtschaftskrise, drohender Arbeitslosigkeit gerade junger Menschen, dem resultierenden brain-drain, und nicht zuletzt der Flüchtlingskrise nicht gerade leicht. Dennoch konnten wir auch Ähnlichkeiten ausmachen. Neben offensichtlichen, Schmunzeln hervorrufenden Gemeinsamkeiten Griechenlands mit Bayern wie den weiß-blauen Farben und der Vorliebe zu herzhaftem, fleisch-lastigem Essen und Bier scheint der Lernstoff in Schule und Uni übereinstimmender zu sein als erwartet.
Bei ihrem Besuch in Bayern konnten die Teilnehmer der JEF Greece nicht nur ihren Konterpart, die JEF Bayern, kennenlernen, sondern auch einen Eindruck von bayerischer Kultur und Essen gewinnen. Unter anderem entdeckten sie ein bizarres Getränk für sich: Apfelschorle. Auch lernten sie die bayerische Geschichte, auch deren Schattenseiten, kennen.
Eines hat der Austausch gezeigt: Es ist eine sehr gute Gelegenheit für junge Erwachsene um Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennen zu lernen und ein besseres Gespür für die Sorgen und Probleme junger Europäer aus anderen EU-Staaten zu erhalten. Die Partnerschaft der weiß- blauen Verbände wird auch in Zukunft weitergeführt und hoffentlich in den nächsten Jahren noch einige Treffen zustande kommen.
Τα λέμε σύντομα , φίλοι ! (Bis bald, Freunde!)
Julia Kovacs
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