„Hätten Sie mich vor einem Jahr eingeladen“, beginnt der Gastredner Friedrich Merz, „so hätte ich Ihnen gesagt, dass sich die Briten im Juni knapp für einen Verbleib in der Europäischen Union entscheiden werden und ein Republikaner, aber sicher nicht Trump, Präsident der Vereinigten Staaten wird.“

Unter dem Titel „ America First?! Die Zukunft der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika“, diskutierten am 31. Mai 2017 Interessierte gemeinsam mit dem ehemaligen Bundestags- und Europaabgeordneten, sowie derzeitigen Vorsitzenden der Atlantikbrücke, Friedrich Merz über die transatlantischen Beziehungen. Diese Veranstaltung im Marmorsaal des Presseclub Nürnberg fand in Kooperation zwischen der Hans- Seidel-Stiftung und der Europaunion Bayern statt. In den Abend führte der bayerische Ministerpräsident a.D. Dr. Günter Beckstein.

In seinem Vortrag machte Friedrich Merz deutlich, dass sich die amerikanische Politik und Gesellschaft in einem Umbruch befinde. Ausdruck dieser Veränderung sei der Erfolg des Immobilienunternehmers Trump sich gegen 16 Bewerber mit teils langjähriger Erfahrung durchzusetzen konnte, ohne selbst Mitglied der republikanischen Partei gewesen zu sein. Sowohl Trump als auch seine demokratische Herausforderin Hillary Clinton bezeichnete er als die unbeliebtesten Kandidaten in der amerikanischen Geschichte. Betrachte man die politische Landkarte der USA, so würde die zunehmende Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft links und rechts, republikanische oder demokratisch deutlich. Es sei egal geworden, wer kandidiere, da der Kandidat entweder sicher gewinne oder verliere. Dies hätte, so konstatiert Merz, den Einfluss der Hardliner gestärkt, grundsätzlich gegen das „Establishment“ zu sein. Hierbei gibt er dem Vorgänger Trumps, Barack Obama, eine gewisse Mitschuld an dieser Entwicklung, habe sich dieser doch nicht auf den Kongress zubewegt, mit dem Resultat einer ergebnislosen zweiten Amtszeit.

Diese Entwicklungen würden ihre Wirkungen insbesondere in der Finanzpolitik, Klimapolitik, Außen- und Sicherheitspolitik und zuletzt Handelspolitik entfalten. Im Bereich der Finanzpolitik sieht Merz dank massiver Umstrukturierungen einen zunehmenden Einfluss der amerikanischen Banken, die hier tonangebend sein werden. Schritte in der Klimapolitik müssen nach den letzten Ereignissen eher zwischen Europa und einzelnen Bundesstaaten, wie Kalifornien erfolgen. Für die Außen- und Sicherheitspolitik sieht Merz das Problem des internationalen Terrorismus als eine Aufgabe für Jahrzehnte. In diesem Bereich müsse die innereuropäische und die transatlantische Zusammenarbeit gestärkt werden. Für die Handelspolitik bedauert Friedrich Merz das Scheitern von TTIP, welches einen gesicherten Rahmen gegen Protektionismus geschaffen hätte. In einem kurzen Exkurs machte er zudem deutlich, dass der Brexit von einer naiven Vorstellung getragen sei, sei doch nicht kein Abkommen besser als ein schlechtes Abkommen, sondern eher kein Abkommen das schlechteste Abkommen.

Trotz aller Spannungen basiere das transatlantische Verhältnis nach wie vor auf gemeinsamen freiheitlich demokratischen Werten. Dennoch stünden diese Beziehungen vor einen Umbruch. Die Präsidentschaft Trumps könne als Weckruf gesehen werden, die Antworten auf die Frage zu finden, wo Deutschland sich in Europa und Europa in der Welt des 21. Jahrhundert sieht. Diese Antwort, wie später in der Diskussion deutlich wird, kann nur im Dialog zwischen Bürger*innen und Politik gefunden werden. Friedrich Merz gibt als Fazit und Ausblick zu bedenken „Alleine schaffen wir nichts. In Europa schaffen wir nur etwas, wenn wir auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“

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